Frankfurter Rundschau
Vom Zerwürfnis des Menschen
mit sich selbst
Julia Benkerts leiser, gedanken- und kenntnisreicher
Film „Sanatorium Europa“ geht den Vorbildern dieser
Gedankenwelten – Romantik, Nietzsche – und ihren Folgen
– zum Beispiel die Lebensreform-Bewegung oder die
auch längst schon wieder historische Hippie-Ära – nach
und rückt dabei nicht besserwisserisch deren Dekadenz
in den Fokus. Sie sucht die Erkrankung hinter den Symptomen
und findet ein tiefes, lebensweltlich weiträumiges Zerwürfnis
des ökonomisch getrimmten modernen Menschen mit sich selbst
als deren Quelle. Und sie findet eine permanente kritische
Auseinandersetzung damit in der Geschichte der bürgerlichen
Gesellschaft.
28.6.2017, Hans-Jürgen Linke
Spiegel online
Europa in der Burn-out-Klinik
Der Arte-Film "Sanatorium Europa" beleuchtet,
wie Thomas Mann und Hermann Hesse vor
100 Jahren gegen die große Depression kämpften
- mit spannenden Parallelen ins Heute.
Die Doku von Julia Benkert beschreibt nicht nur
einen verzagten Rückzug aus einer Welt, die sich
selbst aus den Fugen hebt, sie beschreibt auch
soziale Gegenentwürfe. Etwa die der beherzten
Lebensreformer auf dem Monte Verità. Der Erste
Weltkrieg war schon ausgebrochen, da suchten
die Anthroposophen und Anarchisten, die Nudisten
und Okkultisten auf dem Hügel im Schweizer Kanton
Tessin nach neuen, heute würde man sagen:
nachhaltigen Gesellschaftsmodellen.
28. Juni 2017, Christian Buß